Abstract
EINLEITUNG ubi bene ibi patria CICERO `Jeder, der sich mit Heimat befapt, müpte bedenken, dap es kaum einen Begriff gibt, der verfügbarer zu sein scheint und doch in Wahrheit, ura der Vielfalt seiner Erscheinungsformen begreifbar zu werden, gröperer Gedankenanstrengungen bedarf als das Substantiv Heimat. Ein nüchternes und ein poetisclies, also ein ratselhaftes Wort, über das nachzudenken bedeutet, sich des scheinbar Selbstverstândlichen kundig zu machen. Bereits in dieser Aussage von Walter Jens wird die Tiefgmndigkeit des Wortes Heimat deutlich. Auch ich bin in der letzten Zeit hâufig, besonders in der zeitgenössischen deutschsprachigen Kultur und Literatür, mit der Vielschichtigkeit dieser Thematik konfrontiert worden. Dies fiihrte mich zu der Überzeugung, dap es Begriffe gibt, die ihre Popularitât zu jeder Zeit bewahren und die im Empfinden und Denken vieler Menschen sowohl neue Inhalte und Dimensionen hervorrufen, als auch im Laufe der Zeit infolge sozialer und ökonomischer Entwicklungen und Ânderungen unter verschiedenen Umstânden unterschiedliche Konnotationen implizieren. Zu ihnen zahit der Heimatbegriff, ein Thema, das wieder stark an Aktualitât auf der deutschsprachigen Kulturszene gewonnen hat. 'Walter Jens zit. in: Deutscher Heimatbund. Presse-und Informationsdienst. Bonn 12/1984.S.26 Den Ursprung des Wortes 'Heimat' bildet das indogermanische 'kei', was soviel wie 'liegen' öder 'ruhen bedeutet. im Gotischen, der altesten schriftlich überlieferten germanischen Sprache, kommt das Substantiv 'haims' der Bedeutung 'Dorf, 'Wohnstatte' oder 'Haus' gleich. Spâter im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen umfapten seine Entsprechungen bereits erste râumliche Zuordnungen und Besitzanspmche, sowie erste Zustandsbeschreibungen, die Zugehörigkeit, Geborgenheit, Vertrauen im Kreise einer Gropfamilie beinhalten. Hâny weist auperdem auf weitere morphologische und seman tische Aspekte des Begriffes hin. 1 Vgl. Frank-Dieter FreiIing(Hrsg.): Heimat. Begriffsempflndungen heute. Könlgstein (Ts.) 1981. S. 10 Vgl. Arthur Hâny: Die Dichter und ihre Heimat. Studien zum Helmatverhalten deutschsprachiger Autoren im achtzehnten, neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert. Bern 1978. S.l 0/11 Hâny behauptet, dap bereits im Gotischen die ersten adjektivischen Bildungen auftreten. 'Anahaims' heipt dort soviel wie 'anheimig', zu Hause beflndlich; 'afhaims' dagegen 'abheimig'. fern von zu Hause. In der altlslândischen Sprache, dem Altnordlschen, wurde um J 200 n. Chr., laut Hany. ebenfalls fur 'Heimat' 'helmr' verwendet, was sowohl das einzelne Helm als auch die gesamte bewohnte Erde bedeutet. Vgl. DUDEN: Etymologic Herkunftsworterbuch der deutschen Sprache, hrsg. vom Bibliographischen Institut Mannheim, Band 7. Mannheim 1963, S.257 Das althochdeutsche 'helm' (einschliepiich der Suffixbildungen 'heimuoti' oder 'heimöti') bezieht sich hiernach wie seine mittelhochdeutschen Entsprechungen 'heim (u) ot (e)' auf das Haus, den Wohnort oder den Grundbesitz. 'Vgl. Frank-Dieter Freiling (Hrsg.): a.a.O., S. 10 5Vgl. Arthur Hâny: a.a.O., S.l 1 `(...): neben dlesen Substantlven erscheint auch das Adjektiv 'heimlsg' (Vgl. unser 'heimlsch') İn der Richtung von 'heimatlich'. Neben diesen nominalen Ausdrücken werden nun aber die adverblellen wichtig: 'helm' helfit bereits 'nach Hause', 'heimi' heipt 'zu Hause, daheim' und 'heimia' heipt 'von Hause' (weg).`